Eine Apotheke ohne Apotheker(in) ist keine Apotheke
Schon im Oktober 2023, also vor rund 12 Monaten, habe ich mich mit Bundesgesundheitsminister Lauterbach und seinen abstrusen Reformvorschlägen für das Apothekenwesen beschäftigen müssen. Nun ist aus diesen Vorschlägen ein Kabinettsentwurf (also eine Vorstufe eines Gesetzentwurfs) entstanden. Leider muss man feststellen, dass sich seit dem letzten Herbst nichts Wesentliches an den Ideen des Ministers geändert hat.
Das Grundproblem ist offensichtlich, dass der Minister den Beruf der Apothekerin bzw. des Apothekers nicht als besonders wichtig erachtet. Er, der selbst Arzt ist, scheint zu der Gruppe von Ärzten zu gehören, die den Apotheker nicht als Partner, sondern bestenfalls als Erfüllungsgehilfe für ärztliche Anordnungen und darüber hinaus als Kaufmann wahrnimmt bzw. wahrnehmen will. Glücklicherweise wird diese Ärztegruppe immer weniger, aber unglücklicherweise gehört Herr Lauterbach als politischer Entscheider dazu.
Ich hatte schon im letzten Oktober erwähnt, dass er es nicht für nötig hielt, dem Deutschen Apothekertag persönlich beizuwohnen. Das ist schon ein deutliches Zeichen für Missachtung. Und dass er seine Reformvorhaben als Verbesserung für die Apothekerschaft verkauft, obwohl sie genau das Gegenteil sind, ist geradezu zynisch. Der Minister möchte die Apothekenversorgung besonders im ländlichen Raum durch „Light-Filialen“ verbessern. Diese sollen sozusagen „ohne alles“ auskommen, nämlich ohne Rezeptur, ohne Notdienstverpflichtung und – das ist die revolutionärste Neuerung – auch ohne approbierte(n) Apotheker resp. Apothekerin. Eine „erfahrene“ PTA soll quasi die „Light-Filialleitung“ übernehmen. Die dadurch niedrigeren Kosten sollen Pharmazeuten anlocken, die solche Light-Filialen eröffnen möchten. Die approbierte Kraft in der Hauptapotheke soll bei Bedarf per Videoschaltung „anwesend“ sein.
Ich persönlich glaube übrigens nicht, dass das Ganze funktionieren wird, selbst wenn es zum Gesetz werden würde. Wie auch schon der Bundesverband der PTA bestätigte, wird es nur wenige PTA geben, die für ein wesentlich geringeres Gehalt als es ein approbierter Filialleiter bekommt, die Verantwortung dieser Filialleitung übernehmen möchten. Es sind ja ohnehin nur schwer PTA zu bekommen. Auch sind Rezeptur und Notdienst nicht die entscheidenden Kostenfaktoren für den Betrieb einer Apotheke; wenn kein Verordner in einem kleineren Ort mehr praktiziert und/oder zu wenige Leute dort wohnen, wird sich auch eine Light-Apotheke nicht lohnen.
Besonders ärgerlich und auch langfristig gefährlich ist die Konstruktion ohne apothekerliche Leitung aber auch deshalb, weil es der Einstieg in einen ungewollten Fremdbesitz sein könnte. Bisher ist es gelungen, die rein renditeorientierten Großkonzerne vom deutschen Apothekenmarkt fernzuhalten. Diese agieren halb legal aus den Niederlanden und anderen EU-Staaten und sehen Arzneimittel ausschließlich als Handelsware zur Gewinnmaximierung an. Die Ideen von Herrn Lauterbach sind durchaus geeignet, dieser Sichtweise Vorschub zu leisten. Und das ist enttäuschend und traurig, findet Ihr …
Apotheker Hannu Uwe Kratz