Als Apotheker habe ich Pharmazie studiert und nicht BWL
Es ist ein altbekanntes Dilemma: Als Apotheker sollte man eigentlich ein sogenannter „freier Heilberufler“ sein ähnlich wie ein Arzt, denn dafür studiert man ja Pharmazie. Um eine Apotheke wirtschaftlich erfolgreich führen zu können, kommt man aber nicht umhin, sich auch mit betriebswirtschaftlichen Dingen zu beschäftigen. Mehr noch: Ein guter Betriebswirt hat wahrscheinlich mehr finanziellen Erfolg als ein guter Heilberufler. Dennoch möchte ich kein Betriebswirt sein.
Das Thema kam für mich vor kurzem wieder einmal auf, weil sich einer der vielen Apothekenberater (die natürlich in erster Linie darauf aus sind, ihr eigenes Einkommen zu vermehren) sich in der Fachpresse darüber ausließ, wie seiner Meinung nach ein idealer, weil strukturierter Tagesablauf eines Apothekeninhabers aussehen sollte. Nach dem Setzen von Tageszielen, dem Bearbeiten dringender Nachrichten und der Terminplanung für den Tag soll man sich nach der Meinung dieses Beraters vormittags mit BWL-Analysen, Arbeitsablauf-Optimierungen und Teambesprechungen beschäftigen. Nachmittags sind Marketing und Kooperationsplanung an der Reihe. Immerhin „darf“ man sich zwischendurch auch kurz Zeit nehmen, sich persönlich um die Kunden zu kümmern – allerdings, so steht es ausdrücklich im Artikel, nur „optional“! Abends soll dann noch der betriebswirtschaftliche Erfolg kontrolliert, etwas Weiterbildung gemacht und der nächste Tag vorbereitet werden.
Nein, lieber Berater, in diesem Tagesablauf finde ich mich als Apotheker nun gar nicht wieder. Wenn ich dies so machen wollte, hätte ich besser BWL studiert und noch einen Basiskurs Pharmazie angehängt. Ich bin der Meinung, dass sich die Kundinnen und Kunden der Kronen-Apotheke darüber freuen, dass ich als Chef fast immer persönlich ansprechbar und nicht nur mit Backoffice-Arbeiten beschäftigt bin. Und auch mir macht es wesentlich mehr Freude, mich mit den Kundinnen und Kunden zu unterhalten und diese zu beraten, als mich an betriebswirtschaftlichen Zahlen zu ergötzen, seien diese auch noch so beeindruckend.
Besonders interessant fand ich an dem zitierten Artikel, dass er mit „Hamsterrad ade“ überschrieben ist und dass im weiteren Verlauf betont wird, wie wichtig doch Pausen und eine gute Work-Life-Balance für die Gesundheit sind. Wie und wo bei dem genannten straff strukturierten Tagesplan überhaupt noch andere Dinge außer der Arbeit untergebracht werden sollen, ist mir dabei allerdings unklar.
Jedenfalls werden Sie es – so lange ich selbstständig tätig bin – nicht erleben, dass ich mich nur noch ins Büro zurückziehe und betriebswirtschaftliche Auswertungen studiere. Und ich fände es auch traurig, wenn sich der Beruf zumindest des selbstständigen Apothekers so entwickeln sollte, dass man die im Studium der Pharmazie erworbenen Kenntnisse nicht mehr oder nur noch optional benötigt. Wenn Sie mich fragen: dann wäre es auch kein großer Schritt mehr bis zu einer Leitung einer Apotheke durch berufsfremde Personen oder Firmen. Wollen wir hoffen, dass es nicht so weit kommt!
Ihr Apotheker Hannu Uwe Kratz